Douce France (in German)

by Hugh Fitzgerald 

[eine treffend scharfsinnige Betrachtung Hugh Fitzgeralds über unsere Freunde im Lande Lafayettes]:


Stell Dir vor Du wärest ein verwöhntes Mitglied der französischen Elite. Ein Kind macht gerade die khâgne, und peilt rue d’Ulm an. Ein anderes ist derzeit politechnicien. Du geniesst ein gutes Auskommen und bist verbeamtet. Du und Deine Gattin, ihr seid Journalisten oder Schriftsteller oder einer aus den grossen Heeresscharen die “recherches” ausführen, und das Leben ist gut, kommod, wie es sein sollte. Ja nun, Du bemerkst zunehmend mehr Muslime um Dich herum wo immer Du umher gehst, nicht länger auf den banlieues, aber im Zentrum von Paris, oder Toulouse, oder Lyon. Und weist Du noch wie unbehaglich Dir zumute wahr, vor vier Jahren als Du zufällig über die Cannebière in Marseille spazieren gingst. Du hast sogleich einen Entschluss gefasst dann und damals, Du würdest nie dorthin zurückkehren.


Und Du hast Freunde die im Süden wohnen. Und sie erzählen Dir, dass die beurs – einige nennen sie die maghrébins – allen das Leben zur Hölle machen. Sie greifen französische Kinder auf dem Schulweg an. Sie zerstören mutwillig Personenwagen. Sie bedrohen, und noch mehr viel mehr als zu bedrohen sie jeden der noch immer so töricht ist mit einer Kippa oder einem Kreuz herauszugehen. Ganze Bezirke von Städten im Süden wie auch im Norden und Osten und Westen, wurden zu Tabuzonen für nicht–Muslime. In den Schulen ist den Lehrern die Autorität abhanden gekommen. Sie können sogar die Spezialgebiete des Zweiten Weltkrieges, der Resitance und der Ermordung der Juden nicht behandeln, wie vom Staat verordnet; mit Recht befürchten sie die gewalttätige Reaktion der mohammedanischen Schüler.

Und während die Schulen für nicht–muslimische Schüler und Lehrkräfte zunehmend gefährlich werden, während mehr Zeit und Ressourcen der Disziplin statt dem Lernen gewidmet werden, derweil rechnen sich im stillen französische Eltern und werdende Eltern, die künftig zu erwartenden Kosten ihrer Kinderplanung aus und schlagen auf ihre Budgets jetzt den Barwert der wie sie feststellen müssen, erforderlichen Hinzurechnung: das Schulgeld für Privatschulen. Und das wiederum bedeutet, dass diese französischen Menschen kleinere Familien planen werden. Und sie werden in ihre Rechnung den wachsenden Aufwand einbeziehen müssen, diese französischen Steuerzahler, die Auslagen die sie leisten werden müssen für das steigende Gebilde der Sicherheit, für die Wächter in den Schulen, die Aufpasser in den U-Bahn Stationen und métros und Flughäfen und für das Bewachungspersonal auf Regierungsämtern, überall, den Aufwand zur Vorbeugung gegen die Vandalisierung der Grabsteine, zum Schutz der Synagogen und der Kirchen, die Umtriebe für all die Telefon-Abhörungen und die Agenten in den Moscheen, und Subventionen für Rechtsanwälte und Richter für die Anhörung von Anklagen gegen Muslime, und die Kosten zur Überwachung von Da’wa in den Strafanstalten (über 50% Muslime).


Doch den Muslimen sind die Aufwendungen des französischen Staates gleichgültig. Frankreich ist Teil der Welt und die gehört Allah und seinen Gläubigen. Diese Doktrin ist seit 1400 Jahren unveränderlich geblieben. Imam Bouziane, derjenige den sie seit Jahren versuchen auszuschaffen, hat 16 Kinder von zwei Ehegattinnen, alle auf Kosten des französischen Staates lebend; ein charakteristischer muslimischer Mann. Mit der Zeit, steigt die Differenz zwischen der durchschnittlichen Familiengrösse von Muslimen und nicht-Muslimen stetig. Und mit der Zeit, zerfällt das Bildungswesen. Eben jetzt kannst Du es vielleicht nicht sehen. Deine Kinder besuchen die besten Schulen, gefolgt durch die besten lyceés. Du machst Ferien in der Normandie oder Bretagne, oder der Ile de Ré. Und Du benützt die metro nicht oft genug, oder Du gehst durch die richtigen Quartiere, oder arbeitest in den richtigen Fabriken oder Büros um je zu verstehen was zehnlige von Millionen Deiner französischen Landsleute ertragen müssen. Du, im Moment, bist noch immer immun, bist immer noch mit Absicht unwissend. Du hast die letzten Jahrzehnte damit verbracht Dich über die islamische Welt von Eric Rouleau zu informieren und von seinen Nachahmern (nachdem sie Peroncel-Hugoz, den einen Journalisten der die Wahrheit berichtete zum Schweigen brachten) in Le Monde. Du bist zutiefst bewandert in der ständig berichteten, endlos ausufernden Niederträchtigkeit des mächtigen Imperiums Israels. Dir ist bekannt was uns allen eingepfercht wurde: dass die arabischen Muslime vernünftige Menschen sind, mit klar berechtigten Beschwerden, so mässige und eingeschränkte Beschwerden, das Recht gebietet, dass sie zufrieden gestellt werden. Alle sind sich bezüglich der „Lösung“ einig. Sie wird die „Zwei Staaten Lösung“ genannt, und gewiss ist sie eine „Lösung“ den sonst, freilich würde sie nicht als eine „Lösung„ bezeichnet.


Und alles sieht aus wie früher: die Lindenbäume, der Fluss, die Brücken, die étalage in der boulangerie im Wohnviertel. Douce France, cher pays de mon enfance. Am Ende des Schultages versammeln sich chic-feine Mütter wie auch schon, in den Ortschaften oder on den Kleinstädten vor dem Schulgebäude – vor jener oder der anderen Ecole Jules Ferry – und warten darauf ihre Kinder abzuholen. Da kommen die aller kleinsten aus Maternelle, da laufen sie – schau wie niedlich sie sind. Und da ist die CE1 Gruppe, mit den riesigen cartables auf ihren kleinen Rücken. Lauf, lauf lauf zu Mammi. Hoppla. Und dann Jahre des büffelns, büffelns, büffelns, gekennzeichnet durch immer grössere cahiers — “cahier” und “cartable” diese Worte erfassen das französische DNA besser als Piaf oder gauloises, nicht wahr? Und nun lasst uns die Bücher lesen und die Lehrfächer studieren die ja so vollständig und präzise vom Bildungsministerium festgelegt sind. Und nun sind wir bereits am Endexamen am letzten Jahr, wir bereiten uns auf das Bac vor, mit Kopien von blau markierten BALISES, Handbücher zu Les Châtiments und La Peau de Chagrin. Und sieh Mal die Ergebnisse werden in der Zeitung gebracht: Claire-Alix erhielt eine mention très bien. Fantastisch. Alles ist perfekt, alles wird ewig so bleiben, ganze Länder können sich gar nicht wandeln. Es geht gar nicht.


Aber es ändert sich doch, es löst sich auf, leise, langsam – lasst uns bloss nicht zu nahe hingucken, wir dürfen dem nicht zuviel Beachtung schenken – die Strassen, die Schulen, die Spitäler, das Vermögen die Wahrheit über Dinge auszusprechen, über das Leben wie es gelebt wird, la vita vissuta wie sie im Nachbarland zu sagen pflegen. Dominique de Villepin wusste schon immer dass man sich keine Sorgen machen musste; er wurde schlussendlich in Salé, in der Nähe von Rabat geboren, er verbrachte sogar einige Jahre seiner frühen Kindheit dort; natürlich kennt er seine Araber, seine Muslime. Und Eric Rouleau sicherlich, Jahrzehnte lang alteingesessener Experte im Le Monde für den Mittleren Osten (so sachkundig war er, dass er die Lehren des Koran und der Sunna nie auch nur zu erwähnen brauchte), gewiss wusste er alles nicht doch? Und diese französischen Übersetzungen von Edward Said die mit solcher Leidenschaft die Islamophobie anprangerten, und die böswilligen Zerrbilder mit der der blinde und verrottete Westen schon seit jeher, die arabisch mohammedanische Welt lächerlich machte. Ach, wir waren so schrecklich zu den Arabern, wir Kolonialisten, wir Franzosen, wir Abendländer. Und dann gibt es noch diese unendliche Gemeinheit Israels, dieser immerwährende kolonialistische Wundherd. Natürlich haben sie jedes Recht, die Muslime um hier her zu kommen, nach Frankreich. Einst gingen wir zu ihren Ländern, nun kommen sie zu uns. Und sie haben jedes Recht uns zu hassen, oder?


Und jetzt sind wir entschlossen nicht mehr zu verstehen, und alle Bänder der Sympathie mit Israel abzuschneiden, — und wieso hegten wir überhaupt jegliche Sympathie zu ihnen eigentlich, wie einige unserer Eltern damals in 1948 oder 1956 oder 1967? Konnten sie nicht sehen was das „Palestinensische Volk durchmachen musste? Hanan, Yassir, Said, Saeb, Aziz, Walid, Rashid, Mohammed – Du hast unsere Herzen und unsere Überzeugungen erobert. Nimm uns, mach mit uns was Du willst.


Keiner sagt was sich abspielt oder welche Überlegungen wir anstellen sollten darüber nachzudenken was zu tun wäre damit wir uns retten können. Niemand mit jeglichem Anstand. Und was immer Le Pen und Megret sagen, wir müssen das Gegenteil bewähren (ausser, natürlich wenn sie ihre Feindlichkeit gegenüber „den Juden“ zum Ausdruck bringen). Mach nicht darauf Aufmerksam, denk nicht daran. Freie Gedanken mögen in der Theorie recht sein, aber wahrhaftig – überleg doch die Konsequenzen. Wage nicht ausserhalb des Rahmens zu denken, der läuft über mit idées reçues. Défense de penser au dehors du box.

 
Nein. Alles wird in Ordnung sein, während Du entlang des Boulevards Stralemann flanierst. Diese Moslems werden uns nie gewachsen sein. Sieh Mal, schau doch wie diese legionnaires marschieren à pas lent, die Champs-Elysées herab, denk doch an die Reihe der Wüsten Siege. In unseren Köpfen ist 1930 und da gleich ist die Exposition coloniale. Erinnerst Du dich, tu t’en souviens, das Gemälde von le Douanier Rousseau, oder? Mit dem Araber mit dem Burnus der neben dem farbigen Senegalesen steht? Stimmt doch, ich hab doch recht? Frankreich wird immer Frankreich bleiben. Nichts wird sich ändern.


An einem gewissen Punkt, und trotz allem was Dich davon abhält nicht das zu sehen was Dich ins Gesicht anstarrt, realisierst Du, dass etwas furchtbar schief gelaufen ist mit Deinem Land und, dass Du und Deine Kinder Gefahr laufen das Land zu verlieren, bis aufs letzte Dorf und Haus, qui m’est une province et beaucoup davantage. Und Du weisst nicht was zu tun oder wie dieses Gefühl anderen zu vermitteln oder denen den Du Deine geheimen Ängste anvertraust, oder was zu tun wäre. Es ist so konfus und so ärgerlich. Du kannst nicht für Le Pen wählen. Du kannst „Cowboy“ Bush nicht befürworten oder diese unmöglichen Amerikaner. Du kannst Dich nirgend wo hinwenden.


Und dann erfährst Du was Jacques Chirac – der bereits ein muslimisches Enkelkind hat — und Dominique de Villepin, nicht möchten, dass Du erfährst. Denn falls Du es solltest, könntest Du sehr aufgebracht werden. Du entdeckst, dass 1 von jeden 3 Babys die in Frankreich heute geboren werden, ein Moslem Baby ist. Und das bedeutet, dass in 20 Jahren, einer von jeden drei 20-jährigen ein muslimischer zwanzig-jähriger sein wird. Und das heisst, dass zwanzig Jahre später danach, mit den heutigen Geburtsraten, Frankreich eine muslimische Mehrheit haben wird. Wo werden wir die Statuen aus Marly-le-roi verstecken? Und die Venus de Milo? Und was soll aus diesen Bildern von lebendigem Leben – all diese Portraits im Louvre, und dem Grand Palais, und dem Musée Guimet dort in der Linden-gesäumten Aix, und überall in dem mit Kunst gefüllten kunstvollen Frankreich, mère des arts, des armes, et des loix – welche ausgesprochen verboten sind gemäss den unveränderlichen Beschränkungen des Korans. Sollen sie zur Verwahrung verschickt werden zu diesen Amerikanern in Übersee? Bis dann werden die meisten Juden Frankreich bereits verlassen haben, über die Meere für ihr eigenes Wohl, nach Israel oder ins englischsprachige Kanada (Sie machten sich Sorgen über die moslemische Bevölkerung von Quebec, weisst Du, welcher gestattetet wurde heranzuwachsen, unter der Politik der Provinz von Quebec die frankophonen Einwanderer zu fördern, und Nord Afrikaner vorzuziehen anstelle von potentiellen Einwanderern aus Italien, Griechenland, Spanien), und vor allem nach Amerika. Welch Glück die Amerikaner hatten. Keine Legate mehr für Frankreich von den ihresgleichen der Rothschilds oder der Nissim Camondos. Keine Spenden eines anderen Pierre Lévys. Geniesse die kufische Kalligraphie; einige finden unendliche Faszination daran.


Für den Moment erlaubst Du Dir die Vorstellung, es wird schon wieder werden. All diese Muslime werden höchstwahrscheinlich einfach konvertieren. Ich meine doch, das tun sie, nicht wahr, recht leicht, so sagt man mir. Natürlich, wieso habe ich nicht gleich daran gedacht, genau so wird es sein. Die Lage immer im richtigen Moment gerettet. Genau wie im Krieg. Keine Sorgen zu machen, Gar keine.

 
Anmerkung
Dieser Artikel von Hugh Fitzgerald wurde 2004 erstmals veröffentlicht.

Translated by Hugo Schmidt-Fischer

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